By -Published On: 28. März 2025-17,9 min read-Categories: Allgemein, Applikationskarte-

Inhaltsverzeichnis

  1. Worum geht es beim Drohneneinsatz für Applikationskarten?
  2. Erstellung und Umsetzung von Applikationskarten mit Drohnen
  3. Wichtige Aspekte: Rechtliche, technische und fachliche Rahmenbedingungen
    • Rechtliche Vorgaben
    • Technische Voraussetzungen
    • Fachliche (agronomische) Aspekte
  4. Benötigte Technik: Drohnen, Sensoren und Software
    • Drohnenplattform
    • Sensoren an der Drohne
    • Boden- und Stationssensorik
    • Software und Datenverarbeitung
  5. Wissenschaftliche Erkenntnisse zur teilflächenspezifischen Bewirtschaftung mit Drohnen
    • Effizienterer Düngereinsatz
    • Gezielter Pflanzenschutzeinsatz
    • Ertrag und Wirtschaftlichkeit
  6. Praxisbeispiel: Applikationskarten bei Näon und ihr Nutzen für Betriebe
  7. Fazit und Ausblick – so gelingt der Einstieg
  8. Quellenverzeichnis

Drohneneinsatz in der Landwirtschaft: Applikationskarten verständlich erklärt

1. Worum geht es beim Drohneneinsatz für Applikationskarten?

Applikationskarten sind digitale Ausbringungskarten, die ein Feld in verschiedene Zonen unterteilen, um Betriebsmittel wie Saatgut, Dünger oder Pflanzenschutz teilflächenspezifisch auszubringen​. Sie bilden das Herzstück des Precision Farming und sorgen dafür, dass jedes Korn und jeder Tropfen genau dort landet, wo er gebraucht wird – anstelle einer gleichmäßigen “Gießkannen”-Verteilung über den gesamten Schlag​. Drohnen spielen hierbei eine immer wichtigere Rolle: Mit ihrer Hilfe lassen sich aktuelle, hochauflösende Felddaten erfassen, aus denen solche Applikationskarten erzeugt werden können. Drohnenaufnahmen – oft multispektrale Bilder, die z.B. den Normalised Difference Vegetation Index (NDVI) darstellen – machen Variationen im Pflanzenbestand sichtbar. Aus diesen Informationen lassen sich Zonen mit unterschiedlichen Bedürfnissen ableiten. Diese Zonen werden in der Applikationskarte festgehalten, welche dann in Landmaschinen (Düngestreuer, Sämaschinen, Feldspritzen) eingelesen wird, um präzise eine bedarfsgerechte Bewirtschaftung durchzuführen​. Kurz gesagt: Drohnen liefern die Daten, Applikationskarten übersetzen sie in Anweisungen, und smarte Landmaschinen setzen diese Anweisungen punktgenau auf dem Feld um – effizienter und umweltgerechter als eine pauschale Bewirtschaftung.

2. Erstellung und Umsetzung von Applikationskarten mit Drohnen

Die Erstellung einer Applikationskarte beginnt meist mit einer Drohne, die das Feld überfliegt und Bilder aufnimmt. Moderne Agrardrohnen sind mit hochauflösenden RGB- oder Multispektralkameras ausgestattet, die den Gesundheits- und Wachstumszustand der Pflanzen erfassen. Aus diesen Bilddaten werden zunächst Karten wie z.B. Biomassekarten oder NDVI-Karten erstellt, welche Unterschiede in der Vegetation aufzeigen. Anschließend erfolgt die Zonierung – das Einteilen des Feldes in Managementzonen je nach Pflanzenzustand oder Bodeneigenschaften. Automatische Algorithmen (z.B. Jenks Natural Breaks oder gleichmäßige Klassenintervalle) können hierbei unterstützen​. Das Ergebnis ist eine Applikationskarte, die für jede Zone eine spezifische Maßnahme vorgibt, etwa eine abweichende Saatdichte oder Düngermenge. Diese Karte kann in gängigen Formaten (z.B. ISO-XML oder Shape) exportiert werden und ist somit den Bordrechnern moderner Landtechnik kompatibel​.

Die Umsetzung auf dem Feld erfolgt entweder durch konventionelle Maschinen mit Precision-Farming-Funktion oder direkt durch spezialisierte Ausbringungsdrohnen. In den meisten Fällen übernehmen Traktoren mit Düngerstreuern oder Spritzen die Arbeit: Sie sind mit GPS und Teilbreitenschaltung bzw. variabler Dosierung ausgestattet und beziehen die Applikationskarte während der Überfahrt. So wird beispielsweise beim Düngerstreuen die Ausbringmenge laufend an die Zone angepasst – in ertragsschwächeren Bereichen weniger, in ertragreichen Bereichen mehr, je nach Strategie​. Die Karte gibt also für jeden Bereich vor, wie viel ausgebracht werden soll. Wie Abbildung 1 zeigt, kann eine solche teilflächenspezifische Ausbringung z.B. bedeuten, Herbizide nur dort zu spritzen, wo tatsächlich Unkraut wächst, anstatt das gesamte Feld zu behandeln. Das sogenannte Spot-Spraying spart Mittel und schont die Umwelt​.

 

 

 

 

 

Abbildung 1: Moderne Feldspritzen können Applikationskarten auslesen und Pflanzenschutzmittel oder Dünger teilflächenspezifisch ausbringen.
Hier ein selbstfahrender Horsch Pflanzenschutz-Spritzer im Einsatz auf einem Zuckerrübenfeld.

 

Neben dem Traktor auf dem Acker kommen zunehmend auch Drohnensysteme für die Ausbringung zum Einsatz. Sprühdrohnen – kleine unbemannte Fluggeräte mit einem Tank und Spritzdüsen – können Pflanzenschutzmittel oder Flüssigdünger direkt aus der Luft applizieren. Ihre Stärke liegt vor allem in schwer zugänglichen oder sensiblen Bereichen, etwa Steillagen im Weinbau, wo sie bereits erfolgreich eingesetzt werden​. In der breiten Feldwirtschaft sind Spritzdrohnen in Deutschland bislang meist nur zu Versuchszwecken und unter strengen Auflagen im Einsatz​. Dennoch zeigen erste Tests ihre Potenziale: In Versuchen erzielten Drohnen eine bessere Benetzung der Pflanzen (insbesondere der unteren Blattetagen) als konventionelle Feldspritzen – vermutlich durch den Abwind der Rotoren, der die Wirkbrühe tiefer in den Bestand drückt​. Ob solche Drohnenapplikationen den Gesamtertrag positiv beeinflussen, ist noch Gegenstand aktueller Forschung​. Sprühdrohnen könnten künftig jedoch eine ergänzende Ausbringungstechnik darstellen, insbesondere für punktuelle Maßnahmen (z.B. Hotspot-Behandlungen von Krankheitsherden oder Nester von Schädlingen) im Zusammenspiel mit Applikationskarten​.

3. Wichtige Aspekte: Rechtliche, technische und fachliche Rahmenbedingungen

Die Nutzung von Drohnen und Applikationskarten in der Landwirtschaft erfordert nicht nur technisches Know-how, sondern auch die Beachtung einiger Rahmenbedingungen:

  • Rechtliche Vorgaben: In Deutschland und der EU unterliegt der Drohneneinsatz klaren Regeln. Je nach Drohnengewicht und Einsatzzweck benötigen Landwirte einen Drohnenführerschein (EU-Kompetenznachweis) und müssen ihre Drohne behördlich registrieren. Im “Offenen” Kategorie-Betrieb dürfen Drohnen bis 120 m Höhe und innerhalb der Sichtweite fliegen; schwerere oder autonom agierende Drohnen (z.B. Sprühdrohnen mit großer Nutzlast) fallen in spezielle Kategorien und erfordern zusätzliche Genehmigungen. Wichtig ist zudem die Einhaltung von Abstandsregeln – etwa zu Siedlungen, Straßen oder Flughäfen – und der Datenschutz: Luftbildaufnahmen dürfen keine personenbezogenen Daten unzulässig erfassen. Wer Pflanzenschutzmittel per Drohne ausbringen will, muss darüber hinaus ausdrücklich behördliche Ausnahmegenehmigungen einholen, da das aus der Luft Ausbringen von Pestiziden aus Gründen des Umweltschutzes grundsätzlich verboten ist (mit Ausnahmen für anerkannte Versuchsvorhaben oder Spezialkulturen). Auch eine Haftpflichtversicherung für Agrodrohnen ist Pflicht.
  • Technische Voraussetzungen: Für die Erstellung belastbarer Applikationskarten müssen die Drohnenaufnahmen von guter Qualität sein. Praktisch heißt das: Flüge bei möglichst gleichmäßigen Lichtverhältnissen (vermeidbar sind z.B. extreme Schlagschatten oder Nebel), ausreichende Überlappung der Bilder für saubere Orthomosaike und – im Falle multispektraler Analysen – eine Kalibrierung der Sensoren (etwa mit Kalibrierplatten für NDVI-Kameras). Drohnen mit RTK-GNSS erhöhen die Positionsgenauigkeit der Karten, was wichtig ist, damit z.B. ein Unkrautfleck in der Karte mit dem tatsächlichen Standort im Feld übereinstimmt. Die Flächenleistung von Drohnen (wie viele Hektar pro Flug) ist ebenfalls ein praktischer Faktor: Ein Multicopter mit 20 Minuten Flugzeit kann typischerweise einige dutzend Hektar kartieren, während Flächenflieger (Flugdrohnen) aufgrund ihres Gleitflugs weitaus größere Areale in einem Durchgang abdecken können. Entsprechend sollten Landwirte die passende Drohnentechnologie für ihre Betriebsgröße wählen. Letztlich muss auch die Datenverarbeitungskapazität vorhanden sein: Hochaufgelöste Bilder erzeugen große Datenmengen, die mit geeigneter Software (z.B. Pix4Dfields, DroneDeploy oder speziellen Farm-Management-Systemen) in Applikationskarten umgerechnet werden. In der Praxis hat es sich bewährt, dass dieser Prozess vom Bild zum fertigen Applikationslayer zügig abläuft – moderne Lösungen schaffen dies binnen weniger Stunden nach dem Flug​.
  • Fachliche (agronomische) Aspekte: Eine Applikationskarte ist nur so gut wie die fachliche Interpretation, die ihrer Erstellung zugrunde liegt. Variationen im NDVI oder in der Biomasse haben vielfältige Ursachen – von Bodentiefe über Feuchtigkeit bis hin zu Krankheiten – und nicht jede “rote Stelle” auf einer NDVI-Karte sollte automatisch mehr Dünger erhalten. Gute fachliche Praxis bedeutet, die digitalen Karten mit Feldbeobachtungen und Erfahrungswissen zu verknüpfen. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, ertragsstarke Zonen differenziert zu behandeln (d.h. hohe Erträge mit höherer Düngung unterstützen und schwächere Bereiche weniger intensiv düngen, um Ressourcen zu sparen) oder angleichend zu düngen (schwache Zonen gezielt stärker düngen, um Defizite auszugleichen)​. Solche Entscheidungen sollten im Lichte von Bodenuntersuchungen, Ertragspotentialen und betrieblichen Zielen getroffen werden. Zudem müssen die Landmaschinen passend eingestellt sein: Ein Düngerstreuer braucht z.B. eine gewisse Reaktionszeit beim Wechsel der Düngermenge, wodurch sehr kleine Zonen ggf. nicht sauber differenziert werden können (die Zoneneinteilung sollte also zur Technik passen). Auch sollte man stets prüfen, ob die empfohlenen Maßnahmen der Karte agrarrechtlich zulässig sind – etwa im Rahmen der Düngeverordnung (Stichwort: Obergrenzen für Nährstoffgaben). Insgesamt ist ein gewisses Maß an Kontrolle und Plausibilitätsprüfung ratsam: Karten und Empfehlungen von Dienstleistern oder Software sollten von Betriebsleitern hinterfragt und mit gesundem Menschenverstand validiert werden​. So lässt sich sicherstellen, dass die Precision-Farming-Maßnahmen tatsächlich einen Mehrwert bringen und nicht nur „technisch möglich“ sind.

4. Benötigte Technik: Drohnen, Sensoren und Software

Für den Einstieg in den drohnengestützten Precision Farming benötigt man eine Kombination aus Hardware und Software, die reibungslos zusammenspielen:

  • Drohnenplattform: Grundsätzlich kommen zwei Drohnentypen in Frage – Multicopter (Quadrocopter, Hexacopter etc.) und Flächenflugdrohnen (Festflügler). Multicopter sind einfach zu starten und zu landen, können auf der Stelle schweben und sehr detaillierte Aufnahmen machen. Sie eignen sich hervorragend für kleinere bis mittlere Flächen und punktuelle Aufgaben (z.B. das Befliegen einzelner Felder oder das gezielte Sprühen kleiner Areale). Flächenflieger hingegen zeichnen sich durch ihre größere Flugdauer und Reichweite aus: Sie können in einem Flug mehrere hundert Hektar kartieren, was z.B. für große Ackerbaubetriebe interessant ist. Allerdings benötigen sie meist mehr Platz zum Starten/Landen und sind teurer in Anschaffung. Für Sprühdrohnen gibt es eigene Modelle, häufig Multicopter mit kräftigen Rotoren, die 10–30 kg Startgewicht (inkl. Nutzlast) aufweisen. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Drohne eine stabile GPS-Navigation ermöglicht und programmierbare Flugrouten (Waypoints) abarbeiten kann – nur so sind vollständige und überlappungsfreie Aufnahmen garantiert.
  • Sensoren an der Drohne: Die Kamera ist das Auge der Drohne. In der einfachsten Ausführung kann bereits eine handelsübliche RGB-Kamera wertvolle Dienste leisten – sie erstellt Orthofotos in natürlicher Farbe, anhand derer z.B. Schadensstellen, Erosionsbereiche oder Unkrautnester sichtbar werden. Noch mehr Informationen liefern Multispektralkameras, die neben RGB auch im nahen Infrarot fotografieren. Damit lassen sich Vegetationsindizes wie der NDVI berechnen, die Pflanzengesundheit quantifizieren (hohe NDVI-Werte deuten auf viel Blattgrün und vitale Pflanzen hin, niedrige auf Stress oder Lücken im Bestand). Solche Sensoren gibt es als Spezialkameras (z.B. MicaSense RedEdge) oder als modifizierte Kamerasysteme. Neuerdings kommen sogar KI-gestützte Kamerasysteme zum Einsatz: Dabei wertet ein integrierter Prozessor (z.B. NVIDIA Jetson) die Bilder in Echtzeit aus und erkennt z.B. Unkräuter nach Art. Abbildung 2 zeigt eine Drohne mit einem solchen System – hier werden während des Flugs einzelne Unkräuter identifiziert und georeferenziert, sodass die Karte der Fundorte praktisch sofort nach Flugende zur Verfügung steht​. Neben optischen Sensoren können in Zukunft auch Hyperspektralkameras (mit noch mehr spektralen Bändern zur genauen Nährstoff- oder Krankheitsdiagnose) oder Thermalkameras (zur Erkennung von Trockenstress oder Bodennässe) relevant werden. Nicht zuletzt ist Lidar (Laserscanner) eine ergänzende Technik, um z.B. exakte Höhenmodelle und Pflanzenhöhen zu erfassen – was etwa bei der Berechnung von Biomasse oder der Erkennung von Lagergetreide hilfreich sein kann.

 

 

 

 

 


Abbildung 2: Speziell ausgerüsteter Multicopter mit KI-Kamerasystem (SAM-DIMENSION
SAM-CAM AI).
Solche Drohnen erkennen Unkräuter im Feld vollautomatisch und erstellen innerhalb kürzester Zeit Applikationskarten für das Spot-Spraying.

 

  • Boden- und Stationssensorik: Neben den fliegenden Sensoren können auch bodengebundene Datenquellen zur Technik gezählt werden. Bodensensoren (z.B. elektrische Leitfähigkeitsscanner, Bodenkartierungen) oder Ertragssensoren am Mähdrescher liefern weitere entscheidende Informationen über die Heterogenität der Fläche. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Kombination mehrerer Datenquellen die besten Ergebnisse bringt​ – Drohnendaten liefern den aktuellen „Schnappschuss“ der Vegetation, während Bodendaten und Ertragskarten längerfristige Muster und Standortunterschiede abbilden. Diese ergänzenden Techniken gehören zum Technikpaket dazu, wenn es um wirklich präzise Applikationskarten geht.
  • Software und Datenverarbeitung: Die Rohdaten der Sensoren müssen in nutzbare Karten überführt werden. Hierfür gibt es spezialisierte Agrar-Softwarelösungen. Einige sind Cloud-basiert – man lädt die Drohnenbilder hoch und erhält nach Verarbeitung eine Applikationskarte zurück. Andere Software läuft lokal auf dem PC oder Laptop, was unabhängig vom Internet ist​. Wichtig sind Funktionen wie Orthomosaik-Erstellung (zusammenfügen vieler einzelner Drohnenfotos zu einer georeferenzierten Gesamtkarte), Index-Berechnung (z.B. NDVI, EVI), Zonierungstools (Klassifizierung in Zonen) und Exportmöglichkeiten für verschiedene Maschinenformate. Einige Systeme – wie das weiter unten vorgestellte Näon Smartfarming oder Pix4Dfields – erlauben es sogar, gleich im Feld am Tablet erste Karten zu generieren und zu prüfen. Nicht zuletzt sollte die Software Benutzerfreundlich sein, damit Landwirte und Berater ohne großen Spezialwissen eigene Applikationskarten erstellen können. Eine Schnittstelle zur Schlagkartei bzw. zum Farm-Management-System ist von Vorteil, damit die Daten nahtlos in die Betriebsdokumentation und Planung einfließen.

5. Wissenschaftliche Erkenntnisse zur teilflächenspezifischen Bewirtschaftung mit Drohnen

Die Frage, welchen Mehrwert Applikationskarten und drohnengestützte Anwendungen in der Praxis liefern, ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Grundsätzlich verspricht die teilflächenspezifische Bewirtschaftung eine Steigerung der Effizienz: Betriebsmittel einsparen, Erträge sichern und Umweltbelastungen reduzieren. Konkrete Ergebnisse aus Wissenschaft und Praxis zeichnen jedoch ein differenziertes Bild:

  • Effizienterer Düngereinsatz: Mehrere Studien haben gezeigt, dass durch präzise, sensorbasierte Düngung gleiche Erträge mit weniger Dünger erzielt werden können. So ergab ein vierjähriger Versuch in den USA (University of Minnesota), dass beim Maisanbau eine variable Stickstoffdüngung basierend auf Drohnen-NDVI im Mittel rund 30 % weniger Stickstoffdünger erforderte als eine konventionelle einheitliche Düngung – ohne Ertragseinbußen​. Gleichzeitig sank die Nitrat-Auswaschung ins Grundwasser signifikant (um ca. 13 %)​. Solche Ergebnisse untermauern, dass Drohnenbefliegung zur N-Bedarfsermittlung ein wirkungsvolles Werkzeug sein kann, um Überdüngung zu vermeiden und die Düngereffizienz zu steigern. Allerdings stammen viele dieser Studien aus Forschungsumfeldern mit optimaler Technik und Betreuung; in der Praxis variieren die Einsparpotenziale je nach Bodentyp, Witterung und Anbausystem.
  • Gezielter Pflanzenschutzeinsatz: Im Pflanzenschutz bietet die Kombination aus Drohnen-Monitoring und Applikationskarten ebenfalls Vorteile. Ein Beispiel ist die Fungizidbehandlung in Zuckerrüben: Forscher am Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ) in Göttingen erprobten, Cercospora-Infektionen mittels Drohne zu kartieren und anschließend nur Befallsnester zu spritzen. Die auf diese Weise erstellten Krankheits- und Applikationskarten erlaubten eine punktuelle Bekämpfung, bei der nur stark befallene Zonen fungizidlich behandelt wurden. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese reduzierte Fungizidapplikation die Krankheit ausreichend kontrollieren kann und gleichzeitig Mittel einspart​. Zugleich wurde – wie oben erwähnt – festgestellt, dass Sprühdrohnen im Versuch eine bessere Benetzung der unteren Blattbereiche erreichen konnten als herkömmliche Technik​. Auch im Bereich Unkrautbekämpfung gibt es wissenschaftliche und praxisnahe Versuche: In einem Feldversuch in Niedersachsen wurde mit Hilfe einer KI-gestützten Drohne eine Unkrautkarte für ein Maisfeld erstellt und anschließend eine Feldspritze mit Einzel­düsenschaltung so gesteuert, dass Herbizide nur an den erkannten Unkrautstellen ausgebracht wurden​. Das Ergebnis war eine drastische Einsparung an Pflanzenschutzmittel bei gleicher Unkrautkontrolle – ein Erfolg in Hinblick auf Kosten und Umweltbelastung. Solche Spot-Spraying-Verfahren befinden sich noch in der Erprobung, sind technisch aber bereits machbar und zeigen große Wirkung.
  • Ertrag und Wirtschaftlichkeit: Eine Kernfrage ist, ob Precision-Farming-Maßnahmen zu höheren Erträgen führen. Die Erwartung „mehr Ertrag durch mehr Präzision” lässt sich nicht pauschal bestätigen. Oftmals besteht der Nutzen eher in der Stabilisierung von Erträgen trotz reduzierten Mitteleinsatzes oder in der Vermeidung von Ertragsverlusten in Problemzonen. Unabhängige Untersuchungen haben bisher keine eindeutigen Mehrerträge quantifizieren können, die allein auf Applikationskarten zurückzuführen sind​. Vielmehr liegt der Vorteil in einer ökonomischeren und ökologischeren Bewirtschaftung: Betriebsmittel dort einsparen, wo sie keine Wirkung entfalten, und dort intensivieren, wo sie am meisten bringen. Wichtig ist die betriebsindividuelle Betrachtung: Kosten für Drohne und Software müssen in Relation zum Nutzen stehen. Hier zeigen Modellrechnungen, dass sich die Investition vor allem bei größeren Schlaggrößen und teuren Betriebsmitteln (z.B. Nitratdünger, teure Herbizide) schnell rechnen kann, während bei sehr kleinen Flächen der Aufwand die Einsparung ggf. übersteigt. Die wissenschaftliche Empfehlung lautet daher, Precision Farming schrittweise einzuführen und den Erfolg zu monitoren – etwa durch Versuchsparzellen im eigenen Feld oder betriebsübergreifende Vergleichstests​. So können Landwirte herausfinden, welche Maßnahmen unter ihren spezifischen Bedingungen den größten Mehrwert liefern.

6. Praxisbeispiel: Applikationskarten bei Näon und ihr Nutzen für Betriebe

Ein Beispiel für die Anwendung dieser Technologie in der Praxis ist das Angebot des Unternehmens näon Smartfarming. Näon hat eine cloudbasierte Nährstoffmanagement-Plattform entwickelt, die u.a. die Erstellung und Nutzung von Applikationskarten nahtlos in die Betriebsabläufe integriert. Dabei verfolgt das Unternehmen einen Ansatz, der mehrere Datenquellen kombiniert, um besonders präzise Karten zu erstellen. So werden aktuelle Satellitenbilder als Grundlage für Biomassekarten genutzt, Ertragskarten aus vergangenen Jahren einbezogen, Bodenprobenergebnisse hinterlegt und – sofern vorhanden – auch eigene Drohnenbilder des Landwirts integriert​. Diese Vielzahl an Informationen ermöglicht es, die Heterogenität innerhalb eines Feldes sehr genau abzubilden und Standortunterschiede verlässlich zu erkennen. Aus den kombinierten Daten generiert Näon differenzierte Zonen und berechnet für jede Zone die optimale Ausbringmenge an Saatgut, Dünger oder Pflanzenschutz. Der Landwirt kann dabei wählen, ob er z.B. beim Dünger eine angleichende oder differenzierte Strategie fahren möchte – die Software passt die Mengen entsprechend an und errechnet die konkreten Sollwerte je Teilfläche​. Anschließend lässt sich die fertige Applikationskarte per Knopfdruck ans Traktor-Terminal senden oder als Datei herunterladen, kompatibel mit gängigen Herstellersystemen. In der Praxis bedeutet das: Ein Landwirt, der Näon nutzt, kann morgens einen Drohnen- oder Satellitenbeflug auswerten und hat kurz darauf eine fertige Karte zur gezielten Düngung. Diese lädt er auf seinen Düngerstreuer und düngt das Feld in einem Arbeitsgang variabel, ohne manuelles Eingreifen.

Für landwirtschaftliche Betriebe ergeben sich handfeste Vorteile durch dieses Angebot. Erstens sparen sie Zeit und Aufwand – Näon automatisiert viele Schritte (von der Datenaufbereitung bis zur Kartenerstellung), so dass keine aufwendige eigene GIS-Bearbeitung nötig ist. Zweitens erhöht es die Rechtssicherheit und Dokumentation: Da die Plattform Teil einer Ackerschlagkartei ist, werden alle Maßnahmen und Nährstoffgaben lückenlos erfasst und können z.B. für Düngebilanz oder Kontrollen nach DüV bereitgestellt werden. Drittens unterstützen die Applikationskarten eine ressourceneffiziente Bewirtschaftung, was Kosten senkt (z.B. weniger Überdüngung = Einsparung von Düngemitteln) und ökologisch sinnvoll ist. Viertens helfen die Karten, Ertragspotenziale besser auszuschöpfen, indem sie schwache Zonen identifizieren, die gezielte Aufmerksamkeit brauchen, und starke Zonen fördernd bewirtschaften.

7. Fazit und Ausblick – so gelingt der Einstieg

Drohnen und Applikationskarten markieren den nächsten Schritt der Präzisionslandwirtschaft. Sie ermöglichen es auch Einsteigern, die Eigenheiten ihrer Felder besser kennenzulernen und Inputs gezielter einzusetzen. Für Landwirte und Berater, die bisher wenig Berührung mit dieser Technologie hatten, lohnt sich ein schrittweiser Einstieg:

  1. Start in kleinem Rahmen: Anfangs kann es genügen, einen einzelnen Schlag testweise mit vorhandenen Daten (z.B. kostenlosen Satellitenbildern) zu analysieren und eine Applikationskarte zu erstellen. Anbieter wie Näon oder freie Tools erlauben das unkompliziert. So sammelt man Erfahrungen, ohne gleich eine eigene Drohne anschaffen zu müssen.
  2. Beratung und Schulung nutzen: Die Technik ist zwar einfacher geworden, dennoch ist Know-how-Aufbau wichtig. Landwirtschaftskammern, Beratungsgesellschaften oder auch Hersteller bieten Schulungen zum Drohneneinsatz und zur Kartenerstellung an. Auch der Austausch mit Berufskollegen, die bereits Precision Farming betreiben, ist wertvoll – etwa in Form von Feldtagen oder Arbeitskreisen.
  3. Eigene Drohne anschaffen (bei Bedarf): Wenn erste Erfahrungen positiv sind und der Nutzen sichtbar wird, kann die Anschaffung einer eigenen Agrardrohne sinnvoll sein. Hierbei sollte man genau auf die technischen Spezifikationen achten (Kamera, Flugzeit, Robustheit) und die rechtlichen Auflagen erfüllen (Registrierung, Kenntnisnachweis, Versicherung). Oftmals rechnet sich ein Gemeinschaftskauf im Maschinenring oder in Kooperation mit einem Berater, falls man selbst nicht täglich fliegen möchte.
  4. Schritt für Schritt ausweiten: Nach den ersten Erfolgen lässt sich der Einsatz ausbauen – weitere Schläge, weitere Anwendungen (z.B. neben Düngung auch Aussaatkarten oder Pflanzenschutzkarten). Wichtig ist, die Ergebnisse zu überprüfen: Ertragskarten vom Mähdrescher oder einfache Vorher-Nachher-Beobachtungen zeigen, ob die Maßnahmen wirken. So bleibt die Lernkurve steil und der Betrieb kann die Strategien anpassen.

Ausblick: Die drohnengestützte Landwirtschaft entwickelt sich rasant weiter. Mit fortschreitender Sensorik, KI-Auswertung und Automatisierung dürften Applikationskarten noch genauer und vielseitiger werden. Denkbar sind z.B. Echtzeit-Anwendungen, bei denen Drohnen während des Flugs direkt andere Maschinen steuern oder selbst Ausbringungsmaßnahmen durchführen. Auch die Integration von Wetterdaten und Bodensensoren in die Karten steht bevor, um tagesaktuelle Empfehlungen geben zu können. Für Landwirte heißt das: Wer jetzt den Einstieg wagt, schafft die Grundlage, um von diesen Innovationen künftig zu profitieren. Wichtig ist, neugierig zu bleiben und die Technik als Werkzeug zu verstehen, das mit solidem agronomischem Wissen kombiniert werden muss. Dann können Drohnen und Applikationskarten zu echten Game Changern in Richtung einer nachhaltigen, effizienten Landwirtschaft werden – von der präziser dosierten Düngergabe bis zum punktgenauen Pflanzenschutz.

8. Quellenverzeichnis

  1. Näon Smartfarming GmbH: https://www.naeon.de – Zugriff: März 2025
  2. DLG-Merkblatt 443: Precision Farming – Technologien und Anwendungen. DLG e.V., Frankfurt am Main, 2021.
  3. Thiel, M. et al. (2021): Einsatz von Drohnen zur Erstellung von Applikationskarten im Ackerbau. In: Agrarsysteme der Zukunft, FNR.
  4. University of Minnesota Extension (2020): UAV-based nitrogen management in corn – Field trials and environmental outcomes.
  5. Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ), Göttingen: Forschungsberichte zum Spot-Spraying mit Drohnen bei Cercospora-Befall, 2022–2024.
  6. Pix4Dfields: Software für landwirtschaftliche Fernerkundung. https://www.pix4d.com/product/pix4dfields
  7. SAM-DIMENSION GmbH: Unkrauterkennung per KI und Applikationskartenerstellung mit Drohnen. https://www.sam-dimension.com
  8. BMEL (2023): Leitfaden zur Nutzung von Drohnen in der Landwirtschaft. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
  9. Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG): Feldtage und Praxistests – Auswertung von Applikationskarten im Betriebseinsatz, 2020–2023.
  10. Horsch Maschinen GmbH: Precision Farming mit SpotSpraying-Systemen, Technikunterlagen, 2024.
  11. Verordnung (EU) 2019/947 über die Vorschriften und Verfahren für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge.

 

 

28.03.2025

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